Wie schauen heute die Gebiete aus, die damals, im 19. Jahrhundert, abgeschlossene Welten waren, und die Abgeschlossenheit das Elend der Arbeiter vor dem Einblick verbarg?
Leider wurde es nach der Stilllegung der Ziegeleien verabsäumt, wenigstens einen der riesigen Ringöfen am Wienerberg als Industriedenkmal stehen zu lassen. Was also an die Ziegelzeit erinnert, sind eher zufällige Reste.
Ziegelei
Ziegelei Nicoloso
- Ziegelwerk Pottenbrunn (seit 1867)
Ein letzter Ringofen wird in Pottenbrunn von der italienisch-stämmigen Familie Nicoloso in bei St. Pölten betrieben.
Man fragt sich, wie eine solche Ziegelei mit einem wochenlangen Produktionsprozess heute noch konkurrenzfähig fertigen kann. Die Antwort ist, dass die Ziegelei Nischenprodukte herstellt; zum Beispiel Ziegel für die Instandhaltung historischer, denkmalgeschützter Gebäude, Ziegel nach alten Maßen und alten Fertigungsverfahren, Ziegel mit besonderer Farbgebung uva.
Ringofenruine
- Ziegelei Notthaft, Leobersdorf (Kulturatlas)
- Ziegelwerk Notthaft (schlot.at)
- Verschiedene Ansichten (Google.Suche)
In dem Buch „Aus dem Leben einer Ziegelarbeiterin“ berichtet die Autorin über diese Ziegelei. (Toth, 1992, S. 27,78,98)
Das Chadim
Das heutige Gasthaus Chadim ist das letzte erhaltene Gebäude der Ziegelarbeiter am Wienerberg.
Es war früher eine der Kantinen aber auch das Kulturhaus der Tschechen, ein Ort für Versammlungen, Schulbetrieb, Hochzeiten, Trauerfeiern und Theateraufführungen. Auch Victor Adler hat hier oft teilgenommen.
Benannt wurde das Gasthaus nach dem Namen des letzten Besitzers in der Ziegelära.
Die Heiligenfiguren, die Nischen der Querseiten gestanden sind, befinden sich heute im Bezirksmuseum Favoriten.
Schule
Die vielen Kinder am Wienerberg mussten jahrzehntelang nur mit minimaler Ausbildung auskommen. 1903 wurde für sie eine Schule errichtet. Der heute noch sichtbare Spruch auf dem Gebäude ist „Ohne Fleiß kein Preis“.
Mit der Errichtung der Schule war die Absicht verbunden, die Kinder der Tschechen-Familien in einer deutschen Schule zu unterrichten.
Heute beherbergt das Gebäude die MA-49, das Forstamt. Bekannt wurde das Gebäude aber als Drehort für die Sitcom MA-2412.
EIn sehr bekannter Tscheche war der Fußballer Walter Zeman. Er lebte mit seinen Eltern in einem der Arbeiterwohnhäuser am westlichen Wienerberg, Adresse damals „Triesterstraße 317“. Doch er besuchte nicht die benachbarte deutsche Schule, sondern wurde von einem Schulbus in die tschechische Schule in der Wielandgasse gebracht.
Durch seine sportliche Ausbildung beim Sokol hatte er beste athletische Voraussetzungen für eine Karriere als Fußballtormann. Er begann beim SC Wienerberg und nach einer weiteren Station beim FC Wien spielte er 16 Jahre bei Rapid. Er wird heute noch als einer der besten Tormänner aller Zeiten verehrt.
Arbeiterwohnhäuser
Die meisten Arbeiterwohnhäuser wurden abgerissen. In Vösendorf und Leopoldsdorf kann man noch revitalisierte Wohnhäuser sehen.
Vösendorf
Leopoldsdorf
Bilder von einem Museumsbesuch (2019)
Arbeitgeber
Ziegelbaron Drasche
Die Nachfahren von Heinrich Drasche leben heute im Schloss Ebreichsdorf.
Wienerberger
Die Wienerberger AG ist heute wie damals einer der größten Ziegelproduzenten der Welt. Allerdings wir im Umland von Wien nur mehr die Ziegelei in Hennersdorf betrieben. Alle anderen Standorte ist weltweit verteilt.
Rundgang durch den Standort Hennersdorf (2018)
THE BRICK
Ziegelteiche
Aus den Gruben der Ziegelteiche förderte man den Ton, aus dem die Ziegel geformt wurden. Die frühere Hölle ist heute zu einem Paradies geworden.
Museen
- Vösendorf
- AG34-Haus (Leopoldsdorf)
- Wiener Ziegelmuseum
- Ringofenmuseum
- Bezirksmuseum Favoriten