Böhmischer Prater – heute


Der Böhmische Prater ist ein Vergnügungsviertel im Naturschutz- und Erholungsgebiet Laaer Wald/Löwygrube. Böhmischer Prater

Straße Laaerwald (früher Grenzstraße)

Lage

Das Erholungsgebiet Laaer Wald rund um den Böhmischen Prater ist das Gebiet zwischen Laaerbergstraße im Westen, Ostbahn/Aspangbahn im Osten, Bitterlichstraße im Süden und Urselbrunnengasse im Norden. Das Gebiet besteht aus dem teilweise wiederaufgeforsteten Laaer Wald und aus der Parkanlage Löwygrube.

Der Böhmische Prater besteht aus Fahrgeschäften, Imbissstuben, einer Veranstaltungshalle und Gaststätten entlang der Straße „Laaer Wald“, die den Wald durchquert. Im oberen Laaer Wald gibt es in einem Naturschutzgebiet den Butterteich und den Blauen Teich, die an die dortige Ziegelei der Wienerberger AG erinnern, die eigentlich der Ursprung des Böhmischen Praters im 19. Jahrhundert war.

Die Löwygrube ist das Areal einer ehemaligen Ziegelei, deren Abbaugruben in der Nachkriegszeit als Mülldeponie dienten. Der riesige Müllberg wurde mit Asphalt versiegelt, mit Erde beschüttet und ist heute eine Hundezone.

Die Heimkehrersiedlung zu beiden Seiten der Bitterlichstraße stammt aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Weitere Kleingartensiedlungen, die den Erholungsraum etwas einengen, stammen der Zeit des Baus der Südosttangente, wo die durch den Straßenbau gekündigten Kleingärtner wieder angesiedelt wurden

Der Laaer Wald ist aus Favoriten über die Puchsbaumgasse erreichbar. Bei der Urselbrunnengasse geht die Puchsbaumgasse in dies Straße „Laaer Wald“ über. Der Zugang über die Quellenstraße wird seit dem Abriss der Ausfahrt Simmering neugestaltet. Aus Richtung Simmering gibt es zwei Zugänge für Fußgänger, die Bahnübergänge in Verlängerung der Geiereckstraße und der Grillgasse.

Wer heute durch den Laaer Wald spaziert, hat nicht den Eindruck in einer Großstadt zu sein. Man erlebt ein Paradies für Läufer, Wanderer und Hunde. Im Wald sind Eichen die dominierende Baumart. Beim Werklmann, im Bierstadl oder beim Spengerwirt (heute Groissböck und Hutschenbräu) einzukehren, ist ein Muss. Eine Fahrt mit dem Riesenrad oder mit dem Autodrom rundet einen solchen Ausflug ab.

Doch wie ist dieses Paradies entstanden? Es liegt heute so abseits von der Stadt, dass man sich fragt, warum man für diese Freizeitzone nicht einen zentraleren Ort ausgewählt hat. Um das zu verstehen, muss man weit in die Geschichte der Stadt und des Bezirks zurückgehen.

Freizeitgesellschaft

In den 1970er-Jahren begann sich die Gesellschaft zu verändern. Mit Einführung der 40-Stunden-Woche hatte man wieder mehr Freizeit, und die Gemeinde bemühte sich, die früheren Gstettn zu revitalisieren.

Es wurde begonnen, die Mülldeponien durch Müllverbrennung zu ersetzen. Die Mülldeponien der Löwy-Grube und von Heubergstätten im Süden wurden versiegelt und die Areale aller ehemaligen Ziegeleien wurden zu Erholungsräumen, teilweise sogar zu Naturschutzgebieten umgestaltet. Favoriten erhielt einen sehens- und lebenswerten Grüngürtel am Südhang des Laaerbergs und des Wienerbergs. Eine Parkanlage reiht sich heute an die nächste: WIG-74, Laaer Wald, Höhnel-Park, Heubergstätten, Wienerberg-Ost, Wienerberg-West.

Der „Böhmischer Prater“, das frühere Vergnügungsviertel für die Arbeiter und Soldaten wurde zu einem Erholungsgebiet für Familien, der Böhmische Prater verwöhnt Jung und Alt mit seinem kulinarischen Angebot und bietet Kindern abwechslungsreiche Fahrgeschäfte. Die früheren Tanzveranstaltungen gibt es nicht mehr; heute sind es regelmäßige Events, die neue Kundeschichten erschließen. Namhafte Künstler treten auf, Feste, wie das Memusi-Drehorgelfest und das Mittelalterfest werden veranstaltet.

Das „böhmisch“ im Namen ist nur mehr eine Reminiszenz an frühere Zeiten. Tschechen gibt es hier nur mehr vereinzelt. Durch das Engagement der Schausteller und Gastwirte kann aber durchaus an frühere Erfolge angeknüpft werden, wenn auch mit einem völlig neuen Publikum.

Erinnerungen

Wer durch diese Gegend spaziert, wird auf Schritt und Tritt daran erinnert, wie diese Gegend eigentlich entstanden ist.

Aus Simmering kann man zwei Bahnübergänge benutzen, um zum Böhmischen Prater zu kommen. Diese Stege wurden in den 1920er Jahren errichtet und in den letzten Jahren erneuert.

Bahnübergang bei der Geiereckstraße

Kommt man über den Bahnübergang Geiereckstraße gelangt man zu einem uralten Gleis, das früher für die Warenlieferungen zur Ankerbrotfabrik diente. Noch kann man das Gleis erkennen.

Stillgelegtes Gleis zur Ankerbrotfabrik

Jakob Löwy war der Besitzer des Ziegelwerks auf dem Gebiet der nach ihm benannten Löwy-Grube und dem Löwyweg, der die Löwy-Grube mit der Bitterlichstraße verbindet. Er wurde in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet.

Das heutige Hunde-Eldorado Löwy-Grube verbirgt gekonnt den unter dem Hügel begrabenen Müll der Nachkriegsgeneration. Doch die Entlüftungs- und Messrohre erinnern an den gefährlichen Abfall unter der grünen Wiese. Die Abbauwand am Rande des riesigen Müllhügels ist ein letzter Rest der Ziegelei von Löwy. Am östlichen Rand des Hügels findet man immer noch die durch Gestrüpp zugewachsene LKW-Einfahrt und ebenso das verrostete Einfahrtstor.

Blick auf Simmering
links: Abbauwand der Löwygrube
rechts: versiegelte Müllhalde

Der Ausblick auf Simmering ist prächtig.

Blick von der Löwy-Grube Richtung Simmering vlnr:
Marina-Tower an der Donau
Gasometer
Pfarre Neu Simmering

Der Laaer Wald selbst ist viel älter als der Böhmische Prater, er ist schon auf Landkarten aus 1800 eingezeichnet. Doch der Baumbestand hat durch das Ziegelwerk „Laaer Wald“ sehr gelitten. Die Gemeinde hat dieses durch die Ziegelindustrie so stark beanspruchte Gebiet wieder aufgeforstet, ein Forsthaus am Beginn der Theodor-Sickel-Gasse ist für das Gebiet des Laaerbergs zuständig. Die beiden Teiche im oberen Laaer Wald, der Butterteich und der Blaue Teich, sind die früheren Abbaugruben des Ziegelwerks „Laaer Wald“.

Laaer Wald und Löwygrube

Der Böhmische Prater besteht heute aus der Straße „Laaer Wald“, die bei der Urselbrunnengasse beginnt und beim Parkplatz bei der Löwy-Grube endet. Früher war diese Straße die Bezirksgrenze zwischen Simmering und Favoriten. Sie verläuft quer durch die Löwygrube und die Heimkehrer-Siedlung bis zum Verschiebebahnhof Kledering. Im Verlauf der Verschiebung von Bezirksgrenzen wurde die Grenze zwischen Simmering und Favoriten entlang der Ostbahn gezogen.

Grenzstraße gesehen vom Verschiebebahnhof Kledering in Richtung Laaer Berg

Es gibt zwei Fahrgeschäfte, die zu den ältesten überhaupt gehören. Die „Raupe“ von Otto Geissler (1929, gebaut von Rudolf Rusniak, Im Böhmischen Prater mit der Raupe auf Zeitreise) und das Ringelspiel (1892, das älteste erhaltene in Europa) von Ernst Hrabalek. Dieses Ringelspiel soll von Kaiser Franz Josef eröffnet worden sein.

Fahrgeschäft „Raupe“ von Otto Geissler (1929)

Die Südost-Tangente verläuft quer durch die Kleingartenanlagen zwischen dem verbauten Stadtgebiet von Favoriten und dem Böhmischen Prater. Auch deren Bau hatte einen Einfluss auf die heutige Form der Löwygrube. Die Gemeinde hat den durch den Bau der Straße abgesiedelten Kleingärtnern Ersatzflächen entlang der Bitterlichstraße und entlang der Donabaumgasse überlassen, die den Grünraum etwas verkleinern.

Bilder seit 1990